Wirtschaftliches Schwergewicht in Ostwestfalen

Gütersloh (pm). Die Wirtschaft im Kreis Gütersloh ist bislang ganz gut durch die vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöste Energiekrise gekommen. Der Konjunkturklimaindex weist die besten Werte in Ostwestfalen aus und die Gesamtumsätze des Verarbeitenden Gewerbes erreichten einen neuen Rekordwert.

Zu diesen Ergebnissen kommt die Frühjahrskonjunkturumfrage 2023 der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), die am 23. März 2023 von IHK-Vizepräsident Dr. Markus Miele und IHK-Geschäftsführer Dr. Christoph von der Heiden vorgestellt wurde. Bei den Erwartungen für die kommenden zwölf Monate trüben sich die Aussichten aufgrund mehrerer Risikofaktoren allerdings ein.

Die Umfrage fand von Mitte Januar bis Mitte Februar dieses Jahres statt. Daran beteiligten sich 376 Unternehmen mit 36.670 Beschäftigten aus den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistung. Darunter waren 89 Industriebetriebe mit 28.293 Beschäftigten.

Der IHK-Konjunkturklimaindex für die gesamte Wirtschaft im Kreis Gütersloh ist von 103 Punkten aus der Herbstkonjunkturumfrage 2022 auf 113 Punkte gestiegen. In Ostwestfalen ging der Wert im gleichen Zeitraum von 100 auf 97 Punkte zurück. Dabei steht die 100er-Linie für eine ausgeglichene Stimmung, bei der sich Optimisten und Pessimisten die Waage halten.

Aktuell bewerten 37 Prozent der Industrieunternehmen ihre Geschäftslage als „gut“, im Herbst waren es 24 Prozent. Angesichts des schwierigen Umfelds war das Investitionsverhalten der Industrieunternehmen gut, über 40 Prozent haben mehr investiert als im Vorjahr. Bei der Produktionsauslastung gaben 43 Prozent der befragten Unternehmen an, dass die Kapazität zu über 95 Prozent ausgelastet war.

„Viele Betriebe haben im vergangenen Jahr eher unter Lieferschwierigkeiten und fehlendem Personal gelitten als unter fehlenden Aufträgen. Die Auftragsbücher zahlreicher Unternehmen waren und sind gut gefüllt, Probleme machte eher die Abarbeitung der bestehenden Aufträge“, erläutert Miele.

Trotz der guten Ausgangslage sind die Erwartungen für die Geschäftslage in den kommenden zwölf Monaten eher verhalten. Der Anteil der Optimisten, die mit einer Verbesserung rechnen, ist seit letztem Herbst von 21 auf 14 Prozent gesunken. Eine Verschlechterung erwarten 16 Prozent, die große Mehrheit geht von einer stabilen Entwicklung aus.

Unter anderem stellen die Energie- und Rohstoffpreise sowie die von der Inflation beeinträchtigte Inlandsnachfrage für rund 70 Prozent der Betriebe ein Risiko dar. Den Personalmangel geben 63 Prozent als Herausforderung an und die Entwicklung der Auslandsnachfrage wird von fast jedem zweiten Betrieb kritisch gesehen. Handelshemmnisse wie lokale Zertifizierungsanforderungen oder sogenannte Local-Content-Bestimmungen machen den international tätigen Unternehmen zunehmend das Leben schwer. In gestörten Lieferketten sehen 46 Prozent der Befragten ein weiteres Risiko.

Angesichts der Problemlagen verwundert es nicht, dass die Investitionsplanungen im Inland zurückhaltend sind: 14 Prozent der Industriebetriebe planen mehr zu investieren, 18 Prozent eher weniger. Demgegenüber wollen 34 Prozent ihre Investitionen im Ausland erhöhen.

„Es ist noch zu früh, hieraus einen nachhaltigen Trend abzulesen. Aber wir müssen uns Gedanken über die Wettbewerbsfähigkeit machen. Gefährlich wäre ein schleichender Verlust an industrieller Wertschöpfung, die in andere Länder abfließt“, mahnt Miele.

Bei den erwarteten Erträgen geht jeweils ein Viertel von steigenden beziehungsweise rückläufigen Erträgen aus, insbesondere kleinere Betriebe sind pessimistischer. Trotz der unsicheren Perspektiven wollen 54 Prozent mehr Personal einstellen.

Die aktuelle Geschäftslage im Handel, über alle Handelsstufen hinweg, ist durchaus zufriedenstellend. Der IHK-Konjunkturklimaindikator stieg von 87 auf 102 Punkte. 43 Prozent der befragten Handelsunternehmen sprechen von einer guten aktuellen Geschäftslage, 13 Prozent von einer schlechten. Die Perspektive für die kommenden zwölf Monate wird zurückhaltend beurteilt, 14 Prozent erwarten eine Verbesserung, 32 Prozent eine Verschlechterung.

Bei den Dienstleistern bleibt die aktuelle Geschäftslage auf einem sehr soliden Niveau, 37 Prozent bezeichnen ihre Geschäftslage als gut, 14 Prozent als schlecht. Der IHK-Konjunkturklimaindikator ist von 122 auf 116 Punkte gesunken. Bei den Erwartungen rechnen 28 Prozent mit einer besseren Geschäftslage, 19 gehen von einer Verschlechterung aus. Innerhalb der Branche sind die IT-Dienstleister und die Unternehmensberater deutlich optimistischer als beispielsweise der Güterkraftverkehr oder die Immobilienwirtschaft.

Die Gesamtumsätze des Verarbeitenden Gewerbes – Betriebe ab 50 Beschäftigte – beliefen sich im Jahr 2022 auf gut 23 Milliarden Euro, ein Plus von 19 Prozent. Sie erreichten damit einen neuen Rekordwert. „Der Industrieumsatz von gut 23 Milliarden Euro ist so hoch wie der Umsatz in den drei nächstgrößten Industriekreisen Minden-Lübbecke, Herford und Paderborn zusammen. Gütersloh bleibt das industrielle Schwergewicht in Ostwestfalen“, fasst von der Heiden die Zahlen der amtlichen Statistik zusammen.

Wachstumsmotor war vor allem das Inlandsgeschäft, die Umsätze stiegen um 21,6 Prozent auf knapp 13,3 Milliarden Euro, ebenfalls ein neuer Spitzenwert. Die Auslandsumsätze stiegen ebenfalls deutlich um 15,6 Prozent auf 9,7 Milliarden Euro. Die Exportquote beträgt aktuell 42,4 Prozent. Im Jahresdurchschnitt waren im Kreis Gütersloh 64.247 Mitarbeitende beschäftigt, ein Plus von 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Beim Beschäftigungswachstum steht der Kreis Gütersloh damit ebenfalls besser da als das Land NRW (+ 0,1 Prozent) und der Bund (+ 0,8 Prozent).
 

 

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Wirtschaftliches Schwergewicht in Ostwestfalen
Präsentierten die Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage Frühjahr 2023 für den Kreis Gütersloh: IHK-Vizepräsident Dr. Markus Miele (links) und IHK-Geschäftsführer Dr. Christoph von der Heiden. Foto: IHK