Der Bezirk Valmiera wächst

Kreis Gütersloh / Strenci (be). Um rund 400 Quadratkilometer größer geworden ist der Bezirk Valmiera. Das ist ein Plus von etwa viermal der Fläche Harsewinkels. Grund für diesen Zuwachs ist eine Kommunale Gebietsreform. Die beiden Ortschaften rund um die Ortschaften Strenci und Seda wurde dem Bezirk zugeschlagen. Dem vorausgegangen waren Demonstrationen.

Janis Baiks, Bürgermeister der Region Valmiera: "Die Menschen wollen zum District Valmiera gehören." Dieser gilt als fortschrittlich. Menschen zögen sogar aus Riga in die Region Valmiera. Im neuen Territorium lebt eine überwiegend russischstämmige Bevölkerung. Traditionell wurde dort in Sowjetzeiten Torf abgebaut; es wurden viele Arbeitskräfte benötigt.

Die Region Valmiera hat 2.946 Quadratkilometer, ist also gut dreimal so groß wie der Kreis Gütersloh. Das Stadtgebiet Valmiera ist mit 19,35 Quadratkilometern Fläche nur halb so groß wie das der Gemeinde Langenberg im Kreis Gütersloh. Mit knapp 25.000 Einwohnern leben dort aber so viele Menschen, wie in Verl. Als "unser größtes Problem" bezeichnete Baiks neuen Wohnraum zu schaffen. Täglich pendeln morgens 7.000 Menschen nach Valmiera ein. Der Raum rund 20 Kilometer um Valmiera sei sehr dicht besiedelt, es gäbe keine freien Wohnungen für Familien, die die Vorzüge der Stadt erkennen und nutzen möchten. Daher sei es auch schwer, die Leute im dünn besiedelten Norden der Region zu halten. Auch das kommt den deutschen Besuchern bekannt vor: Junge Ärzte bevorzugen die Großstadt. "Ein großes Problem in den nächsten zehn Jahren für uns", so der Bürgermeister.

Zurück nach Strenci: Das Kulturhaus in Strenci war zuvor ein Kino. Der Bezirk Valmiera hat es teilsaniert. Nach einer neuen Nutzung wird gesucht. Ortsvorsteher Janis Petersons berichtet von diesem Dorf, das im Klassizismus der Stalinzeit strahlenförmig vom Dorfplatz aus mitten im Wald erbaut worden ist. "Die Bevölkerung ist von 4.000 Einwohnern in der Mitte des 20. Jahrhunderts auf 1.200 gesunken. 70 Prozent sind russischstämmig, 20 Prozent lettisch und 10 Prozent andere. In Anspielung auf die aktuelle Kriegslage sagt er: "Die Sprache ist nicht Schuld daran, was in Europa passiert."

Haupterwerbsquelle sind seit dem 9. Jahrhundert der Wald und die Forstwirtschaft sowie die Flößerei. Eine Eisenbahnlinie hat geholfen, den kleinen Ort im Wald weiter zu entwickeln.

Im Nachbardorf Seda gehört seit 1914 gehört auch ein psychiatrisches Krankenhaus zum Ortsbild. Der auffällige Turm macht es weithin sichtbar. Im zweiten Weltkrieg wurde es als deutsches Hospital und Militärschule genutzt. Bei Kriegsende galt: Wer keine Verwandten hatte und infolgedessen nicht abgeholt werden konnte, wurde erschossen. Nach dem Krieg wurden die Gebäude als Akutkrankenhaus genutzt, schon bald zog aber wieder die Psychiatrie ein. Man behandelt dort von Geburt an behinderte Menschen, Tuberkuloseinfektionen, Demenzerkrankte, Menschen mit Depression oder Schizophrenie.

Die Leiterin Maija Ancverina führt die Gruppe durch das weitläufige Gelände: Diverse Häuser stehen in einem Park, einen Zaun gibt es nicht. Kostenträger ist zu 100 Prozent der Staat. Eine Krankenversicherung zu haben ist in Lettland keine Pflicht. In einer forensischen Abteilung bleiben die 19 Patienten für 6 Monate bis zwei Jahre. Heute gäbe es 300 Betten und 290 Mitarbeiter in der Einrichtung. Während in Nebengesprächen unter den Delegationsteilnehmern Parallelen zur LWL-Klinik Gütersloh diskutiert werden, berichtet Ancverina von einer wichtigen ungelösten Frage: Es gibt keine Werkstätten, die der Klinik angeschlossen sind. Weitere Schwierigkeit, die das nächste Déjà-vu hervorruft:

Die Personalfindung wird schwieriger. Junge Ärzte finden besser bezahlte Stellen in Deutschland oder Skandinavien, bedauert die Ärztin.

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