Der NRW-Arbeitsmarkt im Mai

NRW (pm). In Nordrhein-Westfalen ist innerhalb eines Monats die Arbeitslosigkeit um 39.085 Personen auf 757.118 arbeitslos gemeldete Menschen gestiegen. Grund ist das Ausbleiben der für den Mai typischen Frühjahresbelebung als Folge der Eindämmungsmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie. So lag die Zahl arbeitsloser Menschen, die eine Arbeit aufnehmen konnten, rund ein Drittel unter der des Vorjahres. Allerdings kam im Mai auch etwas mehr Bewegung in den Arbeitsmarkt. Die Arbeitskräftenachfrage zog wieder leicht an und die Zahl der Unternehmen, die Kurzarbeit neu anzeigten, lag mit 13.886 deutlich unter der des Vormonats.

„Erfreulich für uns ist, dass im Mai wieder etwas mehr Schwung in den Arbeitsmarkt gekommen ist“, sagte Torsten Withake, Vorsitzender der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. „Die Zahl der bei den Agenturen für Arbeit neu gemeldeten freien Stellen liegt zwar mit rund 22.200 noch deutlich unter dem, was bei einer guten Frühjahresbelebung üblich wäre. Doch ist der Bedarf an Arbeitskräften damit um fast 40 Prozent zum Vormonat gestiegen, in dem wir aufgrund der Eindämmungsmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie einen historischen Tiefststand erlebt haben.“ Hinzu komme, sagte Withake, dass der Stichtag der Datenerhebung am Arbeitsmarkt der 14. Mai war: „Welche Auswirkungen die Lockerungen im Mai auf den Arbeitsmarkt hatten, können wir daher noch nicht vollständig abbilden.“

Der Arbeitsmarktexperte sagte weiter, dass zwar selbst in einigen, vom Lockdown des öffentlichen Lebens besonders betroffenen Branchen wie dem Handel, der Zeitarbeit oder einzelnen Zweigen des verarbeitenden Gewerbes die Nachfrage nach Arbeitskräften wieder zulege - allerdings auf einem niedrigeren Niveau als vor der Pandemie. „Die Frühjahresbelebung ist in diesem Jahr ausgefallen. Mit Folgen für den Arbeitsmarkt in NRW. Erst zum zweiten Mal in einem Mai stieg die Arbeitslosigkeit. Dieser Anstieg lag dabei in einer Dimension, die wir eher aus dem Winter kennen. Deshalb müssen wir sagen: Auch wenn die Nachfrage nach Arbeitskräften wieder ein Stück in Fahrt gekommen ist, erleben wir am Arbeitsmarkt aktuell eine schwierige Phase. Es wird eine Zeit dauern, bis die Arbeitslosigkeit wieder auf dem niedrigen Stand von vor der Corona-Pandemie angekommen ist.“

Positiv sieht Withake die hohe Zahl an Unternehmen, die in Kurzarbeit gegangen sind: „Schwerpunkt unserer Arbeit im Mai war die Bewilligung und Auszahlung des Kurzarbeitergeldes. Wir haben die Teams in den Agenturen für Arbeit um das 14-fache aufgestockt, um schnell und unbürokratisch die in Vorleistung von den Betrieben erbrachte Lohnersatzleistung erstatten zu können. Wir benötigen in der Regel nur wenige Tage dafür. Wir wissen auch sehr genau, dass das häufig von existentieller Bedeutung für die Unternehmen ist“. Der Arbeitsmarktexperte sagte, dass es richtig war, die Bedingungen für verkürzte Arbeit zu erleichtern: „Ohne die Kurzarbeit und wenn sie nicht von so vielen Unternehmen in Anspruch genommen worden wäre, hätte die Arbeitslosigkeit viel mehr Menschen erreichen können“.

Mit Blick in die nahe Zukunft sagte Withake: „Das Kurzarbeitergeld wird jetzt, da die Wirtschaft nach dem strengen Lockdown schrittweise wieder anfährt, seine ganze Stärke zeigen. Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern ermöglicht es in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine gute und flexible Personalplanung. Gleichzeitig sorgt das Kurzarbeitergeld als arbeitsmarktpolitisches Instrument dafür, dass viele Arbeitsplätze trotz der aktuellen konjunkturellen Engpässe erhalten bleiben, die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Unternehmen ihre Beschäftigten weiter im Unternehmen halten und Krisenzeiten überbrücken können.“

Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung

Im Mai 2020 waren in NRW landesweit 757.118 Personen arbeitslos gemeldet. Die Zahl der Arbeitslosen stieg im Vergleich zum Vormonat um 39.085 Personen oder 5,4 Prozent. Damit nahm im zurückliegenden Monat die Arbeitslosigkeit erst zum zweiten Mal in einem Mai zu. Zum ersten Mal war dies 2019 aufgrund einer Anpassung der Statistik in einem Mai der Fall. Das letzte Mal stieg die Arbeitslosigkeit in NRW in einem vergleichbaren Umfang im Januar 2019. Im Vergleich Mai des Jahres 2019 waren in diesem Jahr landesweit 123.232 Personen oder 19,4 Prozent mehr arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote stieg im Vergleich zum Vormonat um 0,3 Prozentpunkte auf nun 7,7 Prozent. Damit lag sie 1,2 Punkte über dem Vorjahr.

Die Arbeitslosigkeit nahm stärker zu im Bereich des Sozialgesetzbuches III (SGB III) - bei den Kundinnen und Kunden der Agenturen für Arbeit, die Arbeitslosengeld beziehen -, als im Rechtskreis des Sozialgesetzbuches II, bei den Kundinnen und Kunden der Jobcenter, die Arbeitslosengeld II beziehen. So stieg beim Arbeitslosengeld die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen im Vergleich zum Vormonat um 7,2 Prozent oder 17.330 Personen auf 259.131 Arbeitslose. Beim Arbeitslosengeld II stieg die Zahl arbeitslos gemeldeter Menschen um 4,6 Prozent oder 21.755 Personen auf nun 497.987 Arbeitslose in der Grundsicherung für Arbeitssuchende.

Als unterbeschäftigt, aber nicht arbeitslos galten im Mai 204.874 Personen. Dies ergibt zusammen mit der Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen die gesamte Unterbeschäftigung: Landesweit galten im vergangenen Monat 961.992 Menschen als unterbeschäftigt. Das waren 27.078 Personen oder 2,9 Prozent mehr als einen Monat zuvor. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl unterbeschäftigter Menschen in NRW um 77.123 Personen oder 8,7 Prozent.

Die Zahl der arbeitslosen Menschen in einem Monat errechnet sich aus den Zahlen derjenigen, die arbeitslos werden, derjenigen, die Arbeitslosigkeit hinter sich lassen und den Personen, die arbeitslos bleiben. Bei näherer Betrachtung der Arbeitslosigkeit im Mai zeigt sich, dass die Zahl derjenigen, die die Arbeitslosigkeit verließen, ungewöhnlich niedrig, derjenigen, die - aus einer Erwerbstätigkeit kommend - arbeitslos wurden, für den Frühjahresmonat ungewöhnlich hoch war. Besonderes Gewicht entwickelten dabei die geringeren Abgänge. Darin spiegelt sich die in diesem Jahr ausgebliebene Frühjahresbelebung am deutlichsten. So nahmen im Mai 26.340 arbeitslos gemeldete Menschen eine Erwerbstätigkeit auf, das waren 13.147 Personen oder 33,3 Prozent weniger als vor einem Jahr. 53.280 Menschen verloren im Mai ihre Arbeit und wurden arbeitslos. Das waren 8.564 Menschen oder 19,2 Prozent mehr als vor zwölf Monaten.

Ein weiterer Grund für die Zunahme der Arbeitslosigkeit im vergangenen Monat war die geringere Entlastung durch Qualifizierungsmaßnahmen. Qualifizierungsmaßnahmen wurden zuletzt in der Regel nur noch in alternativen Lernformen absolviert. Seit dem 5.04. ist auch wieder Präsenzunterricht unter strengen Gesundheitsschutzauflagen möglich. Die Bildungsträger kümmern sich derzeit gemeinsam mit den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern um die Umsetzung. In vielen Fällen wird es für eine Übergangszeit voraussichtlich eine Kombination von Distanzlernen und Präsenz geben. Während der Anpassungsarbeit der Qualifizierungsmaßnahmen an die neuen Regeln des Gesundheitsschutzes in den vergangenen eineinhalb Monaten konnten weniger Teilnehmerinnen und Teilnehmer als für die Jahreszeit üblich vermittelt werden. So sank die Zahl der Menschen, die an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen oder Fremdförderungen wie zum Beispiel Sprachkursen teilnahmen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 25.072 Personen oder 18,1 Prozent auf im Mai 113.576 Menschen.
Stellenmarkt in NRW

Die Auswirkungen der Corona-Virus-Pandemie haben in NRW zu einem starken Rückgang bei der Nachfrage nach Arbeitskräfte geführt. Im Mai wurden 22.215 offene Arbeitsstellen neu gemeldet. Das waren 6.018 Stellen oder 37,2 Prozent mehr als vor einem Monat.

Am stärksten legte die Arbeitskräftenachfrage im Gesundheitswesen durch Arztpraxen, im Einzel- aber auch im Großhandel und auch im verarbeitenden Gewerbe bei der Herstellung von Metallerzeugnissen, einem wichtigen Zweig der Industrie in NRW zu.

Als einzige Branche, die sich derzeit auf dem Vor-Corona-Pandemie-Niveau bei der Nachfrage nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bewegt ist das sogenannte Baunebengewerbe, also im Baubereich Gewerke des Innenausbaus wie die Elektroinstallationen, Sanitär und Heizung oder auch Maler, Glaser und Dachdecker. In allen anderen Branchen lag die erwachende Nachfrage unter dem Niveau des Vorjahres. So meldeten vor einem Jahr im Mai Unternehmen und Betriebe in NRW 33.327 offene Stellen neu. Das waren 11.112 oder 33,3 Prozent mehr Neumeldungen als im aktuellen Monat.
Deutlich weniger Anzeigen auf Kurzarbeit im Mai

Im Mai gingen bei den Agenturen für Arbeit 13.886 Anzeigen auf konjunkturelles Kurzarbeitergeld ein. Die Zahl der in den Anzeigen benannten Personen lag bei 213.925 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Damit lag die Zahl der Anzeigen auf Kurzarbeit im Mai deutlich unter den Rekordwerten vom März und April. In beiden Monaten gingen in NRW zusammen 159.077 Anzeigen auf Kurzarbeit ein, mit 2.260.156 Personen in Anzeigen.

Kurzarbeit ist ein zweistufiges arbeitsmarktpolitisches Instrument, das es Unternehmen erlaubt, trotz konjunkturelles Engpässe Beschäftigte im Unternehmen zu halten. Die Unternehmen zeigen geplante verkürzte Arbeit an und gehen mit der Auszahlung des Lohnersatzes, des Kurzarbeitergeldes, in Vorleistung. Nach Ablauf des Monats rechnen Unternehmen und Betriebe das Kurzarbeitergeld mit den Agenturen für Arbeit ab. Dazu stellen sie einen Antrag auf Erstattung der in Vorleistung erbrachten Summe.

Da Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bei der Kurzarbeit in Vorleistung gehen müssen, darf sie nicht verwechselt werden mit den wirtschaftspolitischen Liquiditätshilfen des Bundes und der Länder. Die Bundesregierung hatte als Reaktion auf die Auswirkungen der Corona-Virus-Pandemie die Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit Unternehmen Kurzarbeit beantragen können, für einen befristetet Zeitraum erheblich erleichtert. So wurde der Arbeitsausfall auf zehn Prozent – zuvor 30 – heruntergesetzt. Zudem kann auch für Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeiter Kurzarbeitergeld beantragt werden. Schließlich übernimmt die Bundesagentur für Arbeit in voller Höhe die Sozialversicherungsbeiträge.

Anzeigen auf Kurzarbeit kommen aus nahezu allen Branchen. Verstärkt angezeigt wurde seit März Kurzarbeit von Betrieben aus dem Gaststättengewerbe – mit 19.465 Anzeigen für bis zu 157.772 Personen - sowie dem Einzelhandel mit 19.042 Anzeigen für bis zu 207.052 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aber auch in Branchen, die in der Vergangenheit eher von Kurzarbeit betroffen waren, etwa die industrielle Metallverarbeitung, zeigen sich Auswirkungen der Corona-Pandemie. So hatten 4.612 Unternehmen seit März Kurzarbeit für 123.028 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angezeigt.
Der Arbeitsmarkt in den NRW-Regionen im April

In NRW ist die Arbeitslosigkeit erst zum zweiten Mal in einem Mai gestiegen. Dieser Anstieg zieht sich landesweit durch alle Agenturbezirke und damit sowohl im Vorjahres- als auch Vormonatsvergleich durch alle NRW-Arbeitsmarktregionen. Am stärksten hat im Vergleich zum Vorjahresmonat die Arbeitslosigkeit in Südwestfalen und in Ostwestfalen-Lippe zugenommen. Den geringsten Zuwachs erlebte das Ruhrgebiet.

Im Ruhrgebiet lag im Mai die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen um 33.149 Personen oder 15,0 Prozent über dem Vorjahr. Aktuell waren hier 254.504 Personen arbeitslos gemeldet – 11.693 Personen oder 4,8 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote stieg auf 10,4 Prozent – sie lag damit um 0,5 Punkte höher als im April und 1,3 Punkte höher als vor zwölf Monaten.

Im Rheinland legte die Arbeitslosigkeit im Mai im Vergleich zum Vormonat um 14.426 Personen oder 5,8 Prozent auf 264.100 arbeitslos gemeldete Menschen zu. Das waren 43.348 Arbeitslose oder 19,6 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Die Arbeitslosenquote stieg im Rheinland im Monatswechsel um 0,4 Punkte auf nun 7,6 Prozent. Vor einem Jahr lag die Quote um 1,2 Punkte niedriger.

Im Jahresvergleich stieg im Mai im Münsterland die Zahl der Arbeitslosen um 22,2 Prozent oder 7.805 Personen auf 42.932 arbeitslos gemeldete Menschen. Im Vergleich zum Vormonat stieg die Arbeitslosigkeit um 2.276 Personen oder 5,6 Prozent. Die Arbeitslosenquote stieg im Münsterland im Vergleich zum Vormonat um 0,2 Prozentpunkte auf 4,6 Prozent. Vor einem Jahr lag sie um 0,8 Punkte niedriger bei 3,8 Prozent:

Im Bergischen Land legte die Zahl arbeitslos gemeldeter Menschen im Mai um 4.442 Personen oder 6,2 Prozent zum Vormonat zu. Vor zwölf Monaten, im Mai 2019, waren hier 23,7 Prozent oder 14.525 Menschen weniger arbeitslos gemeldet. Die Quote stieg im Mai um 0,4 Punkte auf 7,7 Prozent zum Vormonat. Vor einem Jahr lag die Arbeitslosenquote um 1,5 Punkte niedriger bei 6,2 Prozent.

In Ostwestfalen-Lippe waren im Mai 71.699 Menschen arbeitslos gemeldet – 3.301 Personen oder 4,8 Prozent mehr als im Vormonat. Vor einem Jahr waren 14.018 Menschen oder 24,3 Prozent weniger arbeitslos gemeldet. Die Quote stieg im Mai auf 6,3 Prozent – um 0,3 Punkte zum Vormonat, aber 1,2 Punkte zum Vorjahr.

Auch in Südwestfalen stieg seit März die Arbeitslosigkeit als eine Auswirkung der Corona-Virus-Pandemie. So stieg die Arbeitslosenquote um 0,3 Punkt zum Vormonat auf jetzt 6,1 Prozent. Vor einem Jahr lag sie um 1,3 Prozentpunkte niedriger. Arbeitslos gemeldet waren im Mai in Südwestfalen 48.158 Personen. Das waren 2.947 Menschen oder 6,5 Prozent mehr als vor einem Monat und 10.387 Menschen oder 27,5 Prozent mehr als vor einem Jahr.

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Corona-Pandemie stoppt Frühjahresbelebung
Torsten Withake: Erfreulich ist, dass im Mai wieder etwas mehr Schwung in den Arbeitsmarkt gekommen ist.