Landwirte gegen Neubau der ICE-Trasse

Bielefeld/Hannover (wlv). In einem offenen Brief an alle Bundestagsabgeordneten wehren sich die Landwirte zwischen Bielefeld und Hannover gegen einen Neubau der ICE-Trasse auf diesem Streckenabschnitt.

Insbesondere kritisieren sie auch den Planungsdialog der Deutschen Bahn. Dieser sei lange nicht so offen, wie von der Bahn suggeriert. Den laufenden Planungsdialog der Deutschen Bahn zu diesem Projekt empfinden wir mittlerweile als Farce, heißt es in dem Brief der landwirte

Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband und der Bauernverband Niedersachsen machen deutlich, dass für eine ICE-Trasse, die 17 Minuten schneller sei, die Fläche von acht landwirtschaftlichen Betrieben benötigt würden, zu Lasten auch von Natur und Landschaft.

Weiter heißt es in der Stellungnahme: Nach derzeitiger grober Schätzung werden inklusive der benötigten Böschungs- und Abstandsflächen circa 350 bis 400 Hektar für einen Trassenneubau benötigt. Hinzu komme ein Mehrfaches dieser Fläche, die als Ausgleichs- und Kompensationsflächen der Landwirtschaft ebenfalls verloren gehen oder auf denen zumindest nur eine beschränkte Bewirtschaftung möglich ist.

Die durchschnittliche Betriebsgröße in Ostwestfalen-Lippe (NRW) beträgt circa 50 Hektar. Allein für den Neubau einer Bahntrasse ohne Berücksichtigung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen verlören daher statistisch ungefähr acht landwirtschaftliche Betriebe ihre Existenzgrundlage.

Ziel des Deutschlandtaktes ist es, unter anderem die Fahrzeit von Hannover bis Bielefeld auf bis zu 31 statt 48 Minuten zu senken. Allein für diesen vergleichsweise kleinen Streckenabschnitt innerhalb Deutschlands wolle man also für jede zweite Minute Fahrtzeitverkürzung mindestens einen gesamten landwirtschaftlichen Betrieb bzw. die Nahrungsmittelgrundlage für 139 Menschen opfern.

Wir als Landwirtinnen und Landwirte in den genannten Landkreisen und Kommunen stehen einer Verbesserung der Attraktivität des Bahnverkehrs und damit des Klimaschutzes keinesfalls entgegen, fordern aber mit Blick auf den großen Verbrauch an Freiflächen mehr Augenmaß bei der Umsetzung dieses Milliarden-Infrastrukturprojektes, erklären die Verfasser des Briefes. Dazu gehöre es, die bereits vorhandene Strecke und deren Infrastruktur weiter zu nutzen, um den Flächenverbrauch zu minimieren. Außerdem stehe eindeutig fest, dass ein Ausbau der Bestandsstrecke auch zu einer Verringerung der Fahrzeit auf 39 Minuten führen würde. Und dies ließe sich gut in einen alternativen Takt integrieren. Dies hätten unabhängige Untersuchungen gezeigt.

Auch das Thema Klimaschutz werde mit einem Neubau der Bahntrasse ad absurdum geführt. Beim Bau würde so viel CO2-Äquivalent in die Atmosphäre gelangen, dass die Züge lange, lange fahren müssten, um dieses zu neutralisieren.

Durch den Trassenneubau gehen den landwirtschaftlichen Betrieben in den betroffenen Regionen hochwertige landwirtschaftliche Flächen dauerhaft verloren. Der Einwand, dieses sei nicht zu vermeiden, gehe fehl, denn, so die Landwirte:

Flächen gehen nicht nur für die Grundfläche der ICE-Trasse verloren, sondern auch durch die Zerschneidung und Anschneidung bestehender Acker- und Grünlandschläge in unwirtschaftliche Restflächen.

Je mehr Fläche für einen Trassenneubau benötigt wird, desto mehr Flächen werden zusätzlich als Ausgleich für den Eingriff in Natur- und Landschaft benötigt.

Ein neuer Trassenverlauf führt dazu, dass bestehende Straßen- und Wegenetze zerschnitten werden, die ihrerseits durch die Schaffung neuer Straßen und Wege wiederhergestellt werden müssen. Dieses führt zudem nicht nur für landwirtschaftliche Betriebe - auch unter Umweltgesichtspunkten- zu unerwünschten Umwegen.

Besonders einschneidend sei es, wenn viehhaltende Betriebe ihre hofnahen Weideflächen verlören und dadurch eine Weidehaltung dauerhaft unmöglich gemacht werde.

Deshalb setzen sich die Landwirte für den Ausbau der bestehenden Trasse ein.

Auch Umweltverbände und Bürgerinitiativen kritisieren das bisherige Planungsverfahren der Deutschen Bahn.

Quelle und mehr: LWL-Bericht »

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