Erntebilanz und Klimaschutz

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OWL (rr). Die Landwirte in OWL haben in diesem Jahr eine leicht unterdurchschnittliche Ernte eingefahren. Dies sei angesichts der Trockenheit und Hitze ein überraschendes Ergebnis, erklärt der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Bezirksverbandes Ostwestfalen-Lippe in einem Pressegespräch in Bielefeld am Donnertag (5.9.2019). Allerdings gäbe es massive Trockenschäden und Ernteeinbußen bei den Futterpflanzen sowie bei Kartoffeln und Zuckerrüben. Zudem zeige sich eine große Bandbreite in Menge und Qualität je nach den Bodenverhältnissen und Niederschlägen, die örtlich sehr verschieden lagen.
 
Die Silomaisernte hat in dieser Woche begonnen, insbesondere bei hitzegeschädigten Beständen, um weitere Verluste einzugrenzen. Der Mais leidet im zweiten Jahr in Folge unter Trockenstress. Wegen der unterschiedlichen Bodenqualitäten und vor allem Regenmengen liegt die Spannbreite bei der Ernte von ganz ordentlich bis ganz schlecht. Besonders auf den leichten Standorten in OWL zeigten sich massive Trockenschäden bis hin zur Klobenlosigkeit. „Daher ist regional eine im Vergleich zum Vorjahr noch schwierigere Futtersituation zu befürchten“, so der Bezirksverbandsstellvertreter Antonius Tillmann, „da es kaum Reserven gibt.“ Neben Mais als Futtergrundlage für die Tiere ist in Wiesen und Weiden nach dem ersten und zweiten Grünland-Schnitt wenig gewachsen. „Normalerweise haben wir immer eine gewisse Futterreserve für Notzeiten“, so der Milchbauer Tillmann. Der trockene Sommer 2018 habe aber diesen Puffer aufgezehrt. Sorgen bereiten den Milchviehhaltern weiter die nicht kostendenkenden Erzeugerpreise.

„Die Erzeugerkosten sind aufgrund der qualitativ knappen Futtervorräte und des Zukaufs von Futtermitteln deutlich höher als im Vorjahr“, erläutert der Vizepräsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) Wilhelm Brüggemeier. Die Herausforderungen sieht der Vizepräsident zukünftig in den Marktentwicklungen mit stark schwankenden Erzeugerpreisen, knappem Grundfutter in Folge des Klimawandels sowie der Umsetzung immer höher werdender Auflagen wie bei der Güllelagerung oder der Düngeverordnung.

Bei den Kartoffeln rechnen die Landwirte mit einer unterdurchschnittlichen Ernte. Die Unterschiede sind ebenfalls groß und die Ernteverluste ohne Beregnung noch deutlicher. Bei den Zuckerrüben erwarten die Bauern auch eine unter dem Durchschnitt liegende Ernte. Vorsitzender Beringmeier weist darauf hin, dass es zukünftig gerade für die Zuckerrübe und den Raps im harten Marktwettbewerb schwierig werde. „Mit Raps und Zuckerrübe haben wir zwei Früchte, die unsere Fruchtfolgen in OWL über Jahre bereichert haben, die sich aber im harten Wettbewerb kaum noch behaupten können“, so der Vorsitzende. Hier zeigten sich die Grenzen, wenn der Preis drücke und begleitender Pflanzenschutz jetzt fehlen würde. Ähnlich verhielte es sich bei der Zuckerrübe. Diese habe ebenso eine gute Fruchtfolgenleistung. Zusätzlich werde oft eine Zwischenfrucht vorweg gestellt. „Wir hoffen, dass es gelingt, beide Früchte in einem Umfang weiter anzubauen, der eine lohnende Verarbeitung ermöglicht“, untermauert Vizepräsident Brüggemeier. Sollte die verarbeitende Struktur erst einmal weggebrochen sein, sind diese Früchte im Anbau für uns verloren.“
 
Der Schweinemarkt konnte sich nach einer Talsohle in den vergangenen beiden Jahren erholen, so der Hubertus Beringmeier. „Die Auswirkungen der Afrikanischen Schweinepest in anderen Ländern haben die Kurse steigen lassen.“ Doch Haltungsauflagen und bürokratische Hürden seien nach wie vor für die Tierhalter das bestimmende Thema. So bedeute beispielsweise der Entwurf zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung schwerwiegende Veränderungen für die Sauenhalter. „Wir sind grundsätzlich offen für Änderungen zum Wohl der Tiere, aber es braucht Entscheidungen mit Augenmaß, die den Höfen Perspektive geben“, so der Vorsitzende. Die Bauern bräuchten Planungs- sowie Investitionssicherheit und Zielkonflikte zwischen Tierschutz, Emissionsschutz und Tierwohl müssten gelöst werden. Beringmeier: „Keinem ist geholfen, wenn die Tierhaltung ins Ausland abwandert.“
 
Der Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel zählen derzeit zu den globalen Megathemen. „Beim Klimaschutz sind wir Landwirte selbst mehr gefordert“, schildert Antonius Tillmann. Er weist darauf hin, dass keine Berufsgruppe so direkt und existenziell vom Klimawandel betroffen sei wie die Landwirte. „Wir selbst haben das größte Interesse daran, dass die Erderwärmung gestoppt wird“, betont Tillmann. Gleichzeitig biete sich auf Acker- und Grünland sowie in den Wäldern ein großes Potenzial als Kohlendioxid-Senke.

Der Sonderbericht des Weltklimarates vom August 2019 hat die Bedeutung der Landwirtschaft beim Klimaschutz betont. Weltweit stammen nach dem Bericht rund 23 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft, Landnutzung und Abholzung. In Deutschland liegt der Anteil der Landwirtschaft bei 7 Prozent. Tillmann verdeutlicht, dass der Bauernverband schon 2010 seine erste Klimastrategie vorgelegt habe. „In einer neueren Klimastrategie 2.0 haben wir uns im vergangenen Jahr selbst Emissions-Reduktionsziele gesetzt, an denen wir intensiv arbeiten“, beschreibt Tillmann. „Wir wollen die CO2-Emmissionen bis 2025 um weitere 25 Prozent reduzieren und 30 Prozent bis 2030.“ Die Interessen von Tierschutz und Umweltschutz ständen sich hier aber manchmal "diametral" entgegen. „So ist es zur Luftreinhaltung und für das Klima das Beste, wir würden die Ställe komplett geschlossen halten“, schildert Tillmann. Aus Tierschutzgründen sei es aber sinnvoll, gerade bei Kühen, offene Ställe zu haben. Hier müssten Kompromisse gefunden werden. Vizepräsident Brüggemeier weist zudem darauf hin, dass der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer NRW eine Klimaschutzberatung für landwirtschaftliche Betriebe anbiete. Bisherige Beratungen auf Höfen hätten gezeigt, dass durchschnittlich rund 50 Tonnen CO2 je Betrieb und Jahr eingespart werden könnten.
 
Abschließend verdeutlicht Bezirksvorsitzender Beringmeier: „Wir Landwirte sind zu Veränderungen bereit, doch sie müssen tragbar sein.“ Die Landwirtschaft verändere sich seit Jahren, in Zukunft werde sie ökologischer. Ein Problem sei allerdings, dass Anforderungen und Zielkonflikte im Einklang gebracht werden müssten. Auch das Verhalten und das Verständnis der Verbraucher spiele eine wichtige Rolle. Beringmeier: „Lebensmittel nachhaltig erzeugt brauchen ihren Preis.“

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Ernte, Märkte, Preise, Klimaschutz zu diesen Themen informierten ( von links) Antonius Tillmann, stellvertretender Bezirksverbandsvorsitzender, Wilhelm Brüggemeier, WLV-Vizepräsident und Hubertus Beringmeier Bezirksverbandsvorsitzender