Erste Schritte in Richtung Erholung

Startseite

NRW (pm). Zum Beginn des Sommers zeichnet sich am Arbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen eine Erholung von den Folgen der Corona-Virus-Pandemie ab. Landesweit sank im Vergleich zum Vormonat die Zahl arbeitslos gemeldeter Menschen um 8.293 Personen oder 1,1 Prozent auf 725.623 Arbeitslose. Damit waren 45.170 Menschen weniger arbeitslos gemeldet als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote sank um 0,1 Punkte auf 7,4 Prozent. Positiv ist auch der Anstieg der gemeldeten offenen Stellen. Im Juni waren bei den Agenturen für Arbeit 140.493 Stellen zur Besetzung ausgeschrieben - 20.765 mehr als vor einem Jahr und 7.445 mehr als vor einem Monat. Eine aktuelle Herausforderung für den Arbeitsmarkt ist die Langzeitarbeitslosigkeit. Sie lag im Juni bei 336.605 Personen - 65.699 Männer und Frauen mehr als vor einem Jahr.

"Am Arbeitsmarkt in NRW beobachten wir erste Schritte der Erholung von den Auswirkungen der Corona-Pandemie", sagte Torsten Withake, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. "Besonders freue ich mich über die Entwicklung der Arbeitslosigkeit. Im Juni sank die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen zum zweiten Mal in Folge stärker als es in den Jahren vor der Pandemie für den Monat üblich war." Zudem habe die Zahl der bei den Agenturen für Arbeit neu gemeldeten offenen Stellen wieder ein höheres Niveau erreicht als in den von Pandemie und Einschränkungen gezeichneten Monaten zuvor. Und auch die Beschäftigung habe sich weiter positiv entwickelt. Im April, auf den sich die aktuellsten Zahlen zur Beschäftigung beziehen, sei trotz noch gültiger Einschränkungen des öffentlichen Lebens die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigen Frauen und Männer weiter gestiegen.

"Das sind gute Zeichen für eine schrittweise Erholung. Doch müssen wir auch sehen, dass es Zeit brauchen wird, bis am Arbeitsmarkt das Niveau von vor der Krise wieder erreicht ist", sagte Withake weiter. Verglichen mit dem Juni 2019 waren vor einem Jahr 21,7 Prozent mehr Menschen arbeitslos als vor der Pandemie. Jetzt, im Juni 2021, lag die Zahl der Arbeitslosen noch 14,5 Prozent über dem Vorkrisenniveau. "Die aktuelle Entwicklung ist also positiv. Doch zeigt dieser Vergleich auch, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben. Vor uns liegt eine gesellschaftliche Anstrengung. Wir werden alles dafür tun, dass, wer aktuell arbeitslos ist, beste Chancen hat, wieder zurück in Arbeit zu kommen. Das kann in vielen Fällen zum Beispiel durch eine Weiterbildung gelingen."

Mit wachsender wirtschaftlicher Dynamik werden sich auch neue Chancen ergeben, ist der Arbeitsmarktexperte überzeugt: "Immer mehr Unternehmen suchen neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zum Teil geschieht das sehr kurzfristig, wie etwa in der Gastronomie. Hier ist die Zahl der gemeldeten offenen Stellen binnen Monatsfrist um fast 52 Prozent auf rund 4.000 offene Stellen gestiegen. Ähnliche Entwicklungen beobachten wir auch in anderen Branchen, etwa in der Logistik, wo innerhalb eines Monats die Zahl der offenen Stellen um 13,3 Prozent gestiegen ist, aber auch im verarbeitenden Gewerbe, in dem die Erholung schon ein bisschen früher angesetzt hat, im Vergleich zum Vormonat aber noch einmal 7,4 Prozent mehr Stellen zur Besetzung ausgeschrieben sind."

Withake blickt in diesem Zusammenhang noch einmal auf die Kurzarbeit. Sie habe sich als arbeitsmarktpolitisches Instrument in der Krisenzeit bewährt und zeige jetzt wieder eine ihrer Stärken. Verkürzte Arbeit habe Beschäftigungsverhältnisse gesichert und Arbeitslosigkeit verhindert. Das habe zwar einerseits zu vielen Einschränkungen und Härten für die Mitarbeitenden und die Unternehmen geführt. "Doch jetzt, da mit den Lockerungen auch die Konjunktur wieder anspringt, haben die Unternehmen die Möglichkeit auf einen schnellen Start mit eingespieltem Personal, das sie mit Hilfe der verkürzten Arbeit halten konnten. Auf dieser Grundlage entsteht häufig auch der Bedarf nach weiteren, zusätzlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern."

Ein weiteres arbeitsmarktpolitisches Instrument, das für Stabilität in der Krise gesorgt habe, sei das Teilhabechancengesetz, so Withake. Das Gesetz ermöglicht seit Anfang 2019 die Förderung der Beschäftigung von Menschen am 1. Arbeitsmarkt, die zuvor länger arbeitslos waren. Damit diese Beschäftigungsverhältnisse auch zum Erfolg werden, begleitet im ersten Jahr der Förderung die Mitarbeitenden und das Unternehmen ein Coach. Ziel der Begleitung ist es, beide Seiten stabilisierend zu unterstützen.

Das habe im Rückblick gut funktioniert: "Im ersten Jahr, bis kurz vor dem Beginn der Pandemie, konnten in NRW rund 12.000 Menschen, die sehr lange arbeitslos gewesen waren, in Arbeit integriert werden. Jetzt, anderthalb Jahre später, ist die Zahl der Arbeitsverhältnisse nicht nur stabil geblieben, sondern legte sogar auf über 16.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu. Das Teilhabechancengesetz hat damit einen wichtigen Beitrag zur Entlastung in der Langzeitarbeitslosigkeit und so zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes in der Krise beigetragen", sagte Withake.

Aktuell sind in NRW fast 340.000 Menschen länger als ein Jahr arbeitslos - so viele wie zuvor zum letzten Mal 2014. Das zeige, sagte Withake, dass Langzeitarbeitslosigkeit eine der größten Herausforderungen sei, vor denen NRW in Folge der Krise stehe. Arbeitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit dürften sich nicht verfestigen. Wichtig sei es deshalb, Menschen dabei zu unterstützen, die Chancen der anspringenden Wirtschaft zu nutzen, zum Beispiel, indem sie sich weiterbilden. Gefördert werden könne etwa auch eine Qualifizierung im Beruf, wenn eine neue Beschäftigung aufgenommen wird und dann berufliche Anpassungen im Job erfolgen. So könnten Unternehmen wertvolle Fachkräfte gewinnen und Beschäftigte sich im Unternehmen weiterentwickeln, ist Withake überzeugt. "Wenn es dann aber mit der Beschäftigung über längere Zeit nicht klappt, kommen Ansätze wie die des Teilhabechancengesetzes ins Spiel. Unterstützen können wir die Menschen am besten mit innovativen Ansätzen, die individuell die Herausforderungen der Männer und Frauen angehen. Das Teilhabechancengesetz ist einer dieser Ansätze und hat sich in der aktuellen Krisenzeit bewährt."

Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung

Im Juni waren in NRW 725.623 Menschen arbeitslos gemeldet. Landesweit waren das 8.293 Personen oder 1,1 Prozent weniger als einen Monat zuvor. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit fiel im ablaufenden Monat stärker aus als im Durchschnitt der Juni-Monate vor der Pandemie. Von 2010 bis 2019 war die Arbeitslosigkeit im Juni durchschnittlich um rund 5.900 Personen zurückgegangen. Im Vergleich zum Vorjahr sank in NRW die Arbeitslosigkeit um 5,9 Prozent oder 45.170 Personen. Die Zahl der arbeitslos gemeldeten jungen Menschen unter 25 Jahren, die sogenannte Jugendarbeitslosigkeit, sank leicht um 0,8 Prozent oder 460 Personen auf 58.991 arbeitslos gemeldete Menschen. Im Vergleich zum Vorjahr entsprach das einem Rückgang von 15,8 Prozent oder 11.099 Personen.  Die landesweite Arbeitslosenquote sank in NRW im Monatswechsel um 0,1 Punkte auf 7,4 Prozent. Vor einem Jahr lag sie um 0,5 Punkte höher.

Zurück
Erste Schritte in Richtung Erholung
Torsten Withake: Am Arbeitsmarkt in NRW beobachten wir erste Schritte der Erholung von den Auswirkungen der Corona-Pandemie.